Maxi

Alter: 21 Beruf: Studierende (Soziale Arbeit/Sozialpädagogik) Wohnort: Düsseldorf Geburtsort: Velbert

Warum hast du diesen Ort für dein Foto ausgewählt?

Die Hochschule ist für mich ein wichtiger Ort der Vernetzung. Hier habe ich zum ersten Mal im ‚echten Leben‘ die Erfahrung gemacht, mit meiner linken, feministischen Einstellung mal nicht in der Minderheit zu sein. Das fing direkt schon mit Beginn des Studiums an, dass ich mich unter den Menschen dort direkt wohl gefühlt habe.

Was ist Feminismus für dich?

Feminismus ist für mich das kritische Hinterfragen der gesellschaftlichen Geschlechterhierarchien, bzw. das Streben nach einer Gesellschaft ohne diese Hierarchien. Feminismus bedeutet Kampf gegen Sexismus, für echte Wahlfreiheit für alle Menschen (auch für die Menschen, die ein sogenanntes „traditionelles“ Familien-/Rollenmodell bevorzugen) und für sexuelle und reproduktive Selbstbestimmung. „Mein Feminismus“ ist intersektional und trans-inklusiv, was meiner Meinung nach selbstverständlich sein sollte, es aber leider nicht ist.

Wie äußert sich dein Feminismus?

Darin, wie ich die Welt sehe. Seit ich mich richtig mit dem Thema Sexismus und rape culture beschäftigt habe, sehe ich die Welt mit anderen Augen. Ich bin sensibler für sexistische Strukturen und Sprüche geworden, was übrigens nicht heißt, dass sie mich nicht schon vorher gestört haben – ich hatte einfach nur nicht die richtigen Worte dafür, was genau sich jetzt wdankearum blöd anfühlt. Ich versuche mein Umfeld – so gut es eben geht – ebenfalls auf diese Dinge aufmerksam zu machen und aufzuklären. Auch engagiere ich mich im kürzlich „gegründeten“ feministischen Netzwerk Düsseldorf, wo wir verschiedene Aktionen wie Demos oder Vorträge organisieren wollen.
Und auch, wenn es oft hoffnungslos erscheint, versuche ich immer wieder Social Media als Plattform zu nutzen, um möglichst viele Leute mit meiner Position zu erreichen. Auf diese Art kann man zum Beispiel gut Druck auf Unternehmen ausüben, die beispielsweise auf besonders sexistische Art für ihre Produkte werben, oder aber ein Produkt verkaufen, das an sich total daneben ist.

Wann hast du dich zum ersten Mal bewusst als Feministin gefühlt? Gab es einen Auslöser?

Wie wohl leider die meisten Menschen hatte ich früher ein sehr schlechtes von Alice Schwarzer geprägtes Bild vom Feminismus, ohne mich jedoch groß damit auseinandergesetzt zu haben, was das überhaupt ist. Der Begriff hat mich erfolgreich in die Irre geführt, sodass ich dachte, es ginge darum, Männer zu unterdrücken, Frauen auf ein Podest zu stellen, als wären sie die besseren Menschen oder so.
Als ich mich dann durch Zufall, während ich gerade in der Stadtbücherei die Zeit totgeschlagen habe, weil ich auf meinen Bus warten musste, an dem Buch „Fleischmarkt“ von Laurie Penny festgelesen habe, fühlte ich mich wie erleuchtet. So vieles aus meinem Leben wurde klar und ich fühlte mich so verstanden wie lange nicht, und das nur nach den ersten beiden Kapiteln. Das Buch musste ich dann unbedingt haben. Ab da hat sich mein Bild vom Feminismus extrem gewandelt und ich habe mich Feministin genannt. Das muss so im Winter 2013 oder 2014 gewesen sein.

Wie steht deine Familie zum Feminismus?

Die hat damit leider nichts am Hut. Wahrscheinlich ist sie dank mir sogar eher genervt davon, weil ich halt sensibilisiert für bestimmte Dinge bin und deshalb auch öfters mal bestimmte (offen oder subtil) sexistische Aussagen (ob als Witz gemeint oder nicht) kritisiere und die sich dann angegriffen oder belehrt fühlen. Das tut mir dann Leid, aber ich gebe mir immer große Mühe, meine Kritik nett zu verpacken und ich kann da auch einfach nicht aus meiner Haut und die Klappe halten. Es wäre schön, wenn sie etwas offener für das Thema wäre. Meine Familie ist jetzt auch nicht antifeministisch drauf, aber eben auch nicht feministisch, weil sie sich nicht dafür interessieren.

Fühlst du dich in deinem Alltag gleichberechtigt?

Leider nein. Wenn ich höre und sehe, wie oft Weiblichkeit abgewertet wird („Du schlägst wie ein Mädchen!“) fühlt es sich nicht an, als wären Frauen gleichberechtigt oder geachtet. Auch fällt mir immer wieder auf, dass viele Entscheidungen, die Männer ganz selbstverständlich treffen können, bei Frauen auf jeden Fall mit Rechtfertigungsdruck verbunden sind. Du willst keine Kinder und hast richtig Spaß an deiner Karriere? Dann musst du wohl entweder total egoistisch sein, oder eben noch nicht so weit. Als würden Menschen, die eine Entscheidung für ein Kind treffen, dies nicht aus Egoismus tun und als wäre es nicht das gute Recht aller Menschen, Entscheidungen aus purem Egoismus zu tun.
Was mich besonders stört, ist die Tatsache, dass mein Aussehen scheinbar immer eine größere Rolle spielen wird, als das, was ich zu sagen habe. Ich würde total gerne in Form eines Podcasts o.ä. der Öffentlichkeit meine Ansichten mitteilen, über die Probleme unserer Gesellschaft informieren und vielleicht sogar ein politisches Amt besetzen, aber wenn ich sehe, wie mit Politikerinnen und anderen Frauen, die in der Öffentlichkeit stehen, umgegangen wird, dann bin ich echt eingeschüchtert: Scheinbar kann man top belesen und in seinem Thema drin sein, am Ende ist es für die meisten Leute eh uninteressant, weil alle nur darüber reden, was man an hatte und ob man darin sexy aussieht. Klar, wenn man in der Öffentlichkeit steht, hat man es nie leicht. Aber die Kommentare, die Frauen zu hören bekommen, unterscheiden sich dennoch deutlich von denen, die Männer bekommen. Da wird dann gerne mal mit Vergewaltigungsdrohungen und Gewaltphantasien um sich geworfen oder sexuelle Frustration unterstellt, weil wenn man sich als Frau mit feministischen Themen befasst, dann muss das ja daran liegen, dass man einfach noch keinen befriedigenden Sex mit einem Mann hatte, ob man nun auf Männer steht, oder nicht.
Ich könnte jetzt Romane darüber schreiben, wie viel Ungerechtigkeiten mir im Alltag begegnen und ich würde trotzdem nie zum Ende kommen. Und das, obwohl ich als cis-Frau immer noch deutlich mehr Privilegien genieße als nicht-binäre Menschen oder beispielsweise Transfrauen.

Wie nimmst du den Ruf des Feminismus in Deutschland wahr?

Leider extrem schlecht. Feminismus gilt als männer- und sexfeindlich, als belehrend und weinerlich. Zum Teil ist das Alice Schwarzer zu verdanken, aber auch die (insbesondere öffentlich-rechtlichen) Medien haben damit zu tun. So finden feministische Themen im Fernsehen beispielsweise höchstens dann statt, wenn sie ins lächerliche gezogen werden (siehe zum Beispiel die skandalöse Ausgabe der Sendung „Hart aber fair“ mit dem extrem tendenziösen Titel „Nieder mit den Ampelmännchen – Deutschland im Gleichheitswahn?“, die auch in der zweiten Auflage nach dem berechtigten Shitstorm eine Farce war). Auch wird in viele Runden, in denen die feministische Perspektive vertreten werden soll, Alice Schwarzer als Vertreterin des Feminismus eingeladen, die allenfalls repräsentativ für ihre spezielle Strömung ist, aber wahrscheinlich nicht mal das, und die unter Garantie für Krawall und somit auch für Quote sorgt, aber nicht gerade für ein Verständnis von feministischen Themen in der Allgemeinbevölkerung. Es ist wichtig, dass das Missverständnis, Feminismus strebe die Unterdrückung und Abschaffung von Männern an, aus der Welt geschafft wird.

 

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